Viele Bemühungen wandte man seitens der österreichischen Postverwaltung Anfang der 20er Jahre des
letzten Jahrhunderts auf, um den Postbusverkehr in Fremdenverkehrsgegenden auch im Winter aufrecht
erhalten zu können. Es bestand ein großes kommerzielles Interesse daran, diese Gebiete für Einheimische
und Touristen auf bequemen Wegen zugänglich zu machen.
Die maschinelle Schneeräumung war damals noch unzureichend. Pferdeschlitten konnten sich auf den von
Hand geräumten Bergstraßen zwar fortbewegen, dieses war allerdings mit großen Strapazen für Mensch
und Tier verbunden.
In anderen Ländern gab es erste Versuche mit speziell konstruierten Fahrzeugen, mit denen man durchaus
auf ungeräumten Straßen fahren konnte. Bevor die Raupenbandkonstruktion von Kégresse in den
Bergregionen Österreichs getestet wurde, erprobte man einen englischen Raupenwagen, welcher sich
jedoch nicht bewährte.
Ein vom österreichischen Ingenieur Jakob Rantasa erfundener Schlittenzubau namens „Aquilon“, dessen
mittig unter dem Fahrzeug angeordnete Raupenkette mit seitlich angebrachten Kufen, konnte nicht
überzeugen.
Um 1925 wurde ein Saurer-Bus mit dem aus Schweden stammenden Nyberg-Raupenantrieb ausgerüstet
und einige Zeit im Postbusdienst eingesetzt. Überzeugen konnte das Fahrzeug nicht, da es auf
ungeräumten Strecken immer wieder im losen Schnee stecken blieb.
Der Nachteil all dieser Fahrzeuge bestand darin, dass diese eine einigermaßen von Schnee befreite Straße
voraussetzten.
1928 kam versuchsweise noch ein amerikanischer Cletrac-Kettenschlepper mit Personenanhänger zum
Einsatz, welcher vielversprechend gut funktionierte, sich letztendlich aber als unpraktisch und schwerfällig
erwies. Im April 1929 wurden von der österreichischen Postverwaltung erste Probefahrten mit einem
offenen Citroën-Kégresse P15N Torpedo durchgeführt. Eine Strecke führte dabei über den schwer zu
bewältigenden Tauernpass. Das Ergebnis war derart überzeugend, dass die österreichische Postverwaltung
direkt acht Citroën-Kégresse P15N anschaffte und diese in den Wintermonaten ab Ende 1929 auf mehreren
Bergpässen im Liniendienst einsetzte.
Das Fahrwerk der Fahrzeuge war so konstruiert, dass sowohl auf Schnee, als auch auf festem Untergrund
gefahren werden konnte, ohne dass Umbauarbeiten am Fahrzeug vorgenommen werden mussten.
Als Basis für die Citroën-Kégresse-Raupen der österreichischen Postverwaltung diente der seit 1928
produzierte Citroën C6. Für den Postbusbetrieb wurden von Citroën fahrfertige Raupen-Chassis' ohne
Aufbau bezogen.
Die Fahrzeuge wurden von der Firma Lohnerwerke Ges.m.b.H., Wien, mit wettergeschützten Aufbauten mit
sieben Fahrgastplätzen versehen. Für die Aufbauten wurden ausschließlich leichte Materialien verwendet,
um das Fahrzeuggewicht so gering wie möglich zu halten. Das berechnete Gewicht des Aufbaus betrug
lediglich ca. 300 kg.
Das Fahrwerk der Fahrzeuge war werksseitig schon den winterlichen Bedingungen angepasst. An den
Vorderrädern waren höhen- und neigungsverstellbare Gleitkufen so aufmontiert, dass die schmalen Räder
ungefähr 10 cm nach unten durch die Gleitkufen hindurch ragten.
Im hinteren Teil des Fahrzeugs befand sich ein Raupenantrieb des Typs P15N, welcher speziell für den
Winterbetrieb entwickelt worden war. Zwei Raupenbänder mit darauf montierten Metallplatten aus
Duraluminium ersetzten die Hinterräder. Auf jede einzelne Metallplatte war an der Außenseite ein kräftiger
und leicht austauschbarer Gummiklotz montiert.
Das Gesamtgewicht eines dienstbereiten und mit acht Personen vollbesetzten Fahrzeugs betrug knapp
3.000 kg. Die maximale Geschwindigkeit betrug auf festem Untergrund ca. 45 km/h, auf Schnee ging es
hingegen nur im Schritttempo voran.
Im Folgejahr wurden weitere
Fahrzeuge angeschafft,
welche jedoch etwas anders
ausgeführt waren.
Das Chassis und das
Raupenfahrwerk blieben
unverändert. Der Aufbau war
nun länger ausgeführt, so
dass Platz für 11 Fahrgäste
vorhanden war.
Wie schon bei der kurzen
Variante waren im Inneren
Sitzgelegenheiten aus
Korbgeflecht montiert. Für
das Wohlbefinden gab es
Heizröhren und Decken,
selbst an Verbandkästen und
Schienen für Knochen-
verletzte war gedacht
worden.
Das Gesamtgewicht eines
dienstbereiten und mit acht
Personen vollbesetzten
Fahrzeugs mit kurzem
Aufbau betrug ca. 2.900 kg.
An den Auflageflächen der
Raupenbänder und an Gleit-
kufen an den Vordrrädern
betrug der Auflagedruck bei
maximalem Fahrzeuggewicht
nur ca. 0,25 kg/cm². Diese
geringe Bodenbelastung
ermöglichte es, dass die
Fahrzeuge auch in lockerem
Schnee abseits der Straßen
verkehren konnten.
Die Fahrzeuge verfügten über
ein Dreiganggetriebe mit
Rückwärtsgang, sowie über
zwei zusätzliche, jeweils an
jedem Treibrad montierte
Reduktionsgetriebe ohne
Leerlauffunktion.
Es standen somit insgesamt sechs Vorwärts- und zwei Rückwärtsgänge zur Verfügung. Die Kraftüber-
tragung erfolgte nur auf die Treibräder der Raupenbänder, die Vorderräder hatten keinen Antrieb.
Gebremst wurde mittels hydraulischer Fußbremse, welche auf die Vorderräder und die Treibräder des
Raupenantriebes wirkte. Die Handbremse wirkte nur auf die Treibräder des Raupenantriebes.
Insgesamt sind vermutlich 16 Citroën-Kégresse-Raupenfahrzeuge im Dienst der Österreichischen
Postverwaltung im Einsatz gewesen. Der Einsatz erfolgte in erster Linie auf den Strecken
- Radstadt - Mauterndorf - St. Michael im Lungau
- St. Anton am Arlberg - St. Christoph
- Langen am Arlberg - Stuben - Zürs - Lech
- Untertauern – Schaidbergalpe.
Letztendlich über 20 Jahre, vom Winter 1929 bis ungefähr 1951, wurden die Fahrzeuge auf winterlichen
Bergstraßen von der Österreichischen Postverwaltung zum Transport von Skitouristen eingesetzt.
Nur ein einziges Fahrzeug dürfte erhalten geblieben sein, welches im nichtöffentlichen Depot des
Technischen Museums Wien verwahrt wird.